Protestbrief gegen Auftritt von Sellner bei Servus TV

Am 20. Oktober 2016 wurde auf Servus TV im Rahmen der Sendung „Talk im Hangar 7″ der als führendes Mitglied der Identitären Bewegung bekannte Martin Sellner eingeladen. Die Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen schickte vorab einen Protestbrief an den Sender.

Protestbrief gegen Auftritt von Sellner bei Servus TV

Sehr geehrte Damen und Herren!

Den Medien ist zu entnehmen, dass Sie bei der heutigen Sendung „Talk im Hangar 7“ den Rechtsextremisten Martin Sellner als Gast einladen werden. Sellner ist Mitglied der sogenannten „Identitären“, eine rechtsextreme Organisation, die vor allem durch eine Politik des Hasses und der Gewalt auffällt. Beispielsweise der Überfall auf die Theateraufführung „Die Schutzbefohlenen“, bei dem Asylwerber_innen verängstigt, verletzt und traumatisiert wurden, eine Störaktion bei der Besetzung der Votivkirche durch Geflüchtete, gewalttätige Angriffe auf Antifaschist_innen bei Demonstrationen usw.

Wir, die Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück und FreundInnen sind Frauen, die die Erinnerung und das Gedenken an die Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes wachhalten. Unsere Lagergemeinschaft wurde vor 70 Jahren von überlebenden Frauen des Konzentrationslagers Ravensbrück begründet. Uns schockiert die Entscheidung der Verantwortlichen Ihres Senders, den Rechtsextremisten Martin Sellner als seriösen Gesprächspartner einzuladen.

Vor diesem Hintergrund erklären wir hiermit, dass wir nicht damit einverstanden sind, dass Sie einem rechtsextremen „Aktivisten“ in Ihrer Sendung eine Plattform bieten, um sich selbst zu inszenieren. Wir protestieren dagegen, dass Sie dieser Person die Gelegenheit bieten, seine hasserfüllte und gewalttätige Ideologie und Politik einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen. Wir sprechen uns dagegen aus, dass Sellner, der Anhänger des antimuslimischen Rassismus und von Verschwörungstheorien ist, als ernstzunehmender Gesprächspartner zu einem Thema eingeladen wird, das sich mit Radikalisierungstendenzen von Jugendlichen befasst – Sellners rechtsextreme Ideologie und Gewalt sollten selbst Gegenstand von kritischer Auseinandersetzung sein anstatt dass Sellner als sogenanntem „Experten“ ein Podium geboten wird.

Wir ersuchen Sie also vor diesem Hintergrund, davon abzusehen, Martin Sellner als Gesprächspartner in Ihrer Sendung eine Bühne für seine menschenfeindliche Ideologie und Politikpraxis zu bieten und Sellner daher wieder auszuladen. Es gibt bestimmt interessante Menschen mit einem hohen Wissensstand, die besser geeignet für diese Diskussion sind. Haben Sie zum Beispiel daran gedacht, eine Sozialarbeiterin einzuladen, die jeden Tag mit Jugendlichen zu tun hat und daher weit mehr zu diesem Thema zu berichten haben wird?

Hochachtungsvoll,
Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen
Wien, 20. Oktober 2016

>> Weitere Informationen zu Martin Sellner und die Identitäre Bewegung