Ceija Stojka (1933-2013)

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23. Mai 1933 – 28. Januar 2013

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Foto © Bernadette Dewald

Ceija Stojka wurde am 23. Mai 1933 in der Steiermark geboren. Die Familie zog 1939 – bereits geschmäht und verfolgt – nach Wien, Vater Wakar wurde 1941 ins KZ verbracht und ermordet, Mutter Sidonie und die Kinder Mitzi, Kathi, Hansi, Karli, Ceija und Ossi wurden 1943 ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert, wo Ossi starb. Ceija überlebte Auschwitz, Ravensbrück und Bergen-Belsen, wo sie befreit wurde. Fast alle in ihrer Großfamilie waren ermordet worden. Rund 9.500 österreichische Roma und Sinti (von 11.000 bis 12.000) wurden von den Nationalsozialisten umgebracht.

1988 veröffentlichte Ceija ihre Autobiografie „Wir leben im Verborgenen. Erinnerungen einer Rom-Zigeunerin“. In „Reisende auf dieser Welt. Aus dem Leben einer Rom-Zigeunerin“ (1992) erzählte sie von dem Leben nach ihrer Befreiung und ihrer Beziehung zur Musik. 2005 berichtete sie in „Träume ich, dass ich lebe? Befreit aus Bergen-Belsen“ (wie die vorangegangenen Bücher herausgegeben von Karin Berger) über die letzten Monate im KZ Bergen-Belsen.
Ceija Stojka war Musikerin, Erzählerin, Malerin, sie schrieb Gedichte und Lieder in Romanes und Deutsch. In „Auschwitz ist mein Mantel“ berichtete sie 2008 in Worten und Bildern von ihren Erfahrungen:

auschwitz ist mein mantel

du hast angst vor der finsternis?
ich sage dir, wo der weg menschenleer ist,
brauchst du dich nicht zu fürchten.

ich habe keine angst.
meine angst ist in auschwitz geblieben
und in den lagern.

auschwitz ist mein mantel,
bergen-belsen mein kleid
und ravensbrück mein unterhemd.
wovor soll ich mich fürchten?

2009 verlieh ihr Kulturministerin Claudia Schmied den Titel „Professorin“, DÖW-Mitarbeiter Andreas Peham würdigte in seiner Laudatio ihre unermüdliche Arbeit als Zeitzeugin: „Hunderten, ja Tausenden Schülerinnen und Schülern hast Du mittlerweile vom Erlittenen erzählt. (…) Du wirst zu Recht für ein neues Selbstbewusstsein der österreichischen Roma mitverantwortlich gemacht. Als eine der Ersten gingst Du Ende der 1980er Jahre mit Deinen Erinnerungen an die Öffentlichkeit, wagtest Du den Schritt aus dem Verborgenen.“
„Ich muss davon berichten, wie die Rom gelebt haben und wie sie leben, und was ihnen geschehen ist“, schrieb Ceija Stojka, „überall, wo wir damals waren, die Plätze der Rom, wo sie gelagert haben, die habe ich ja noch im Kopf. Diese Bilder habe ich ja noch in mir. Und die hole ich mir dann hervor. Die Natur ist mein Leben, ich halte mich gern an einem Baum an.“
Am 28. Januar 2013 ist Ceija Stojka gestorben.

Christine Schindler


 

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Foto: Hannelore Stoff

Am 13. März 2013 gestaltete Karin Berger einen Abend „In memoriam Ceija Stojka“ mit Lesungen und Filmausschnitten. Ebenfalls anwesend war der Künstler Manfred Bockelmann, der seine Porträtzeichnung von Ceija Stojka mitgebracht hatte. Karin Berger ist hier neben dem Porträt zu sehen. Von Mai bis August 2013 waren dieses und zahlreiche weitere Portraits im Wiener Leopoldmuseum zu sehen. „Zeichnen gegen das Vergessen“ nennt Bockelmann diese Arbeit, für die er Kinder porträtiert hat, die zu Opfern der Nazis wurden.

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Videostill © Marika Schmiedt

Für die Portrait-Reihe „VISIBLE“ (ÖLGR/F 2009), in der es besonders um die Frage geht, wie sich die NS-Verfolgung auf die nachfolgenden Generationen auswirkt, drehte Marika Schmiedt den Film „Lungo drom. Langer Weg“: „Sie hat den Massenmord an Roma und Sinti in den Konzentrationslagern als eine der wenigen überlebt: die Künstlerin Ceija Stojka. Die Angst, die durch ihre Erinnerungen an die grauenhafte Kindheit im Todeslager und die wieder zunehmenden Verfolgungen von Roma in Europa wach gehalten wird, hat sie an ihre Kinder und Enkelkinder weitergegeben – aber auch die Liebe zum Leben.“ (Foto: Videostill aus „Lungo drom. Langer Weg“ von Marika Schmiedt)

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Videostill © Bernadette Dewald

Bei den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück nahm Ceija Stojka am 3. Juni 2007 an einer Gesprächsrunde mit dem Titel „Erinnern und Gedenken führt zum Heute“ teil. KZ-Überlebende und Frauen der nachfolgenden Generationen diskutierten über die Frage, wie das Vermächtnis der Überlebenden weitergetragen werden kann. Ceija Stojka sagte damals: „Euch allen hier und allen da draußen und auch denen, die noch dazukommen werden – euch sage ich: Ihr seid unser Schutzmantel. Ihr müsst nein sagen. Ihr dürft nicht wegschauen. Ihr müsst sagen: Nie wieder. Und wenn es die Nachbarin ist, die etwas braucht oder wenn die Kinder in der Schule miteinander unglücklich sind – dann gebt euch die Hand, umarmt euch, geht auf ein Eis oder geht spielen, Tempelhupfen (lacht), nein, das gibt’s ja heute nicht mehr… Ich möchte die Jugend glücklich wissen, die Vergangenheit aber nie vergessen.“ Auf dem Foto zu sehen sind die Diskutantinnen (v.l.n.r.): Maria Newald, Ceija Stojka, Irma Trsak und Rosa Szilagyi.

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Foto: © Sylvia Köchl

Im Dezember 2005 nahm Ceija Stojka an der „Jahresabschlussfeier“ der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen teil und beschenkte uns mit einem Original-Gemälde, das seither die Räumlichkeiten des KZ-Verbands in Wien ziert, wo wir unsere Treffen abhalten.

Zwei lebensgeschichtliche Interviews mit Ceija Stojka, geführt von Hemma
Mayerhofer (Kamera: Gundula Daxecker), sind Bestandteil des VideoArchivs Ravensbrück.