Ilse Reibmayer (1917-2005)

1917 – 5. Oktober 2005

Ilse Reibmayr etwa 1942

Ilse Reibmayr etwa 1942

Ilse Reibmayr kam 1917 in Graz zur Welt. Ihr Vater war Apotheker, die Mutter Hausfrau. Als ihre Eltern sich 1921 trennten, blieb Ilse bei ihrer Mutter. Da der Vater keine Alimente zahlte, lebten sie in großer Armut. Dennoch konnte Ilse das Gymnasium beenden und ein Medizinstudium beginnen, das sie 1941 abschloss. Sie begann eine Fachausbildung in Frauenheilkunde und kam in das Krankenhaus von Leoben.
Dort lernte sie die Oberschwester Gratiana Pichler-Pemberger kennen, die „ihr die Augen öffnete“: Denn sie war eine entschiedene Gegnerin des Nationalsozialismus und klärte Ilse Reibmayr über die verbrecherischen Vorgänge im „3. Reich“ auf. Eines Tages bat Gratiana Ilse um Hilfe für einen verwundeten Partisanen und sie willigte ein. Als dieser Partisan danach gefangen und gefoltert wurde, gab er den Namen von Gratiana preis, die darauf hin sofort verhaftet wurde. Ilse Reibmayr versuchte, sie frei zu bekommen und geriet dadurch selbst in Verdacht.
Schließlich wurde sie ebenfalls verhaftet und Anfang November 1944 nach Ravensbrück deportiert, wo sie Gratiana wiedersah. Sie wurde dann als Häftlingsärztin ins Revier befohlen. Vom Lagerarzt Dr. Percy Treite erhielt sie den Befehl, eine Geburtenstation einzurichten. Zwischen September 1944 und April 1945 kamen dort dann etwa 560 Kinder zur Welt. Für Ilse Reibmayr war es zwar eine Erleichterung ihrer KZ-Haft, dort arbeiten zu dürfen und den Frauen eine möglichst gefahrlose Geburt zu ermöglichen, aber sie musste auch mit ansehen, wie die Neugeborenen fast alle innerhalb weniger Wochen an Hunger und Austrocknung starben. Und sie musste es verkraften, Zeugin von Selektionen und grausamen medizinischen Experimenten zu sein. Nach der Befreiung wurde sie von der Sowjetarmee verpflichtet und blieb im Lager, um die Kranken zu betreuen. Erst gegen Ende 1945 konnte sie heim nach Graz fahren.
Sie eröffnete bald darauf eine Ordination in Weißenbach im Ennstal, die sie unter vielen Entbehrungen gemeinsam mit Gratiana Pichler-Pemberger und deren Schwester aufbaute. 1966 erfüllte sie sich einen Traum und baute einen Teil ihres Hauses zu einer Entbindungsstation um.
Dr. Ilse Reibmayr starb am 5. Oktober 2005. Ihre Angehörigen haben verfügt, dass die Kranzspenden bei ihrem Begräbnis an die Lagergemeinschaft gehen sollen – eine Geste der Verbundenheit, für die wir uns an dieser Stelle noch einmal bedanken wollen.

Quelle: Loretta Walz: „Und dann kommst du dahin an einem schönen Sommertag“ Die Frauen von Ravensbrück. Antje Kunstmann Verlag 2005