Irma Trksak (1917-2017)

Irma Trksak ist verstorben
Die Widerstandskämpferin, Ravensbrück-Überlebende und Mitbegründerin und langjährige Sekretärin der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück, Irma Trksak, ist am 11. Juli 2017 in ihrem 100. Lebensjahr verstorben. Wir, die Mitglieder der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen sind tief bewegt. Irmas Lebensgeschichte sowie ihr unermüdlicher Einsatz gegen nationalsozialistische Tendenzen, gegen Faschismus und Krieg, haben uns alle zutiefst berührt. Ihre Kraft und ihr Kampf werden uns immer Vorbild sein!
 
Gleichzeitig möchten wir uns bei Ludwig Trksak, ihrem Sohn, für die liebevolle Betreuung bedanken, die er in den letzten Jahren seiner Mutter angedeihen ließ.


 Überblick:
Irma Trksak: eine Bilder-Sammlung
Videoausschnitte und Filmhinweis
Späte Ehrung durch die Republik
Irma Trksak: Gedenken UND Mahnen
Gedenkfeier für Irma Trksak (Befreiungsfeier 2018, Uckermark)
Kurzbiografie
Weitere Hinweise (Interviews, Reden, Literatur etc.)


Irma Trksak
Eine Bilder-Sammlung von Sylvia Köchl (© soweit nicht anders angegeben)
 
Dieses beeindruckende Foto habe ich im Ravensbrück-Archiv des DÖW gefunden. Irma Trksak ist die zweite Frau von rechts in der vordersten Reihe. Aufgenommen wurde das Bild am Sonntag, den 17. Juni 1945, dem „Tag der Volkssolidarität“ in Wien. Eine Großdemonstration von politisch Verfolgten des Naziregimes führte vom Schwarzenbergplatz zum Parlament, wo Reden über den Widerstand politischer Häftlinge in Konzentrationslagern und Kerkern der Nazis gehalten wurden.
 
Das ist eines der ersten Fotos, das ich selbst von Irma gemacht habe. Im November 1999 wurde die große Wanderausstellung „wege nach ravensbrück“ in Wien gezeigt, und Irma Trksak war eine von mehreren der damals sehr aktiven „Ravensbrückerinnen“, die sich den Besucher_innen täglich zur Verfügung stellten, um Fragen zu beantworten und zu diskutieren. Besonders die jugendlichen Besucher_innen lagen ihnen am Herzen. Ich denke, dieses Foto zeigt aber auch, wie belastend und erschöpfend das für die KZ-Überlebenden war.
 
April 2005 in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück: der 60 Jahrestag der Befreiung! Aus diesem Anlass waren besonders viele Besucher_innen und besonders viele Journalist_innen in Ravensbrück – sogar der ORF. Irma (die zweite von rechts) war bei solchen Anlässen immer diejenige, die in die Mikrophone sprach, die nicht „kamerascheu“ war und die allen, die sie fragten, durchdachte und pointierte Antworten gab. Das Foto ist an der „Mauer der Nationen“ entstanden. Das ist der äußere Teil der ehemaligen Lagermauer, wo für jede der Nationen, aus denen die Frauen hierher deportiert worden sind, eine Inschrift installiert ist. Weiter links, mit der roten Jacke, steht Lotte Brainin, an ihrer Seite Käthe Sasso.
 
Am 18. Jänner 2006 wurde in der IG Bildende Kunst in Wien die Neufassung der Ausstellung „wege nach ravensbrück“ eröffnet. Irma Trksak war von Anfang an eine treue Begleiterin der Ausstellung – auch während der Wanderung der ursprünglichen Ausstellung durch Österreich zwischen 2000 und 2003 reiste sie so oft wie möglich zu den Eröffnungen mit. Während dieser Zeit hatten wir uns leider von anderen besonders wichtigen „Ravensbrückerinnen“ verabschieden müssen, die unsere Projekte angestoßen, vorangetrieben und begleitet hatten, insbesondere von Friedl Sinclair, Hilde Zimmermann und Hermi Jursa. Irmas Präsenz hier bei der Ausstellungseröffnung 2006 war nicht zuletzt deshalb von unschätzbarem Wert. Das Foto, von einer IG-Mitarbeiterin aufgenommen, zeigt Irma gelöst und voller Freude über die zahlreichen interessierten Gäste an diesem Abend und vielleicht auch voller berechtigtem Stolz darüber, was die Lagergemeinschaft Ravensbrück mit ihrem Projektnetzwerk alles erreicht hatte.
 
Dieses Foto zeigt Anna Jug (li.) und Irma Trksak im April 2006 am Gelände des ehemaligen Jugend-KZ Uckermark. Gleich wird hier die Gedenkfeier stattfinden, und Irma wird eine kurze Rede beitragen. Irma war im Oktober 1942 im Alter von 25 Jahren ins Frauen-KZ Ravensbrück deportiert worden. Nachdem sie sich als sogenannte Stubenälteste an streng verbotenen politischen Diskussionen in ihrer Baracke beteiligt hatte und verraten wurde, versetzte die SS sie im Jänner 1945 strafweise ins Lager Uckermark, das zu diesem Zeitpunkt als Vernichtungsort für alte und kranke Frauen aus Ravensbrück benutzt wurde. Deshalb hat Irma viele Jahre bei der Gedenkfeier am Uckermark-Gelände einen Redebeitrag geleistet, um an diese Grausamkeiten der letzten Monate zu erinnern. Es war immer spürbar, wie belastend, aber auch, wie wichtig es ihr war, die Aktivist_innen der Initiative Uckermark zu unterstützen. Die kleine blaue Bank, auf der Irma und Anna sitzen, wird von den Aktivist_innen den Überlebenden hinterher getragen, damit sie sich während der Gedenkfeier jederzeit ausruhen können. Irma Trksak bezeichnete die Haft im Lager Uckermark einmal als die „schwerste Zeit meines Lebens“.
 
Das ist die Einladungskarte für die „Matinee für Irma“, die wir im Oktober 2007 zu ihrem 90. Geburtstag veranstaltet haben. Einen Bericht von Ildikó Cazan gibt es im Mitteilungsblatt 2007 auf S. 17-18. Das Foto, das Bernadette Dewald für diese Karte verwendet hat, wurde im Mai 2007 während der 70-Jahrfeier der Lagergemeinschaft Ravensbrück aufgenommen.
 
Während der Befreiungsfeier im April 2009 habe ich in der Hauptausstellung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück (die inzwischen erneuert wurde) einige Dokumente von Irma entdeckt. Im Mittelpunkt des Fotos steht eine Karte, mit der Irma als Zeugin der Anklage in den Hamburger Ravensbrück-Prozessen ausgewiesen wird (die 1947–1948 stattfanden). Interessant finde ich, dass Irma damals noch ihren tschechischen weiblichen Nachnamen Trksáková benutzte, was in den slawischen Sprachen üblich ist. Die weibliche Endung ihres Nachnamens hat sie irgendwann gestrichen, nachdem sie sich gegen die sogenannte Repatriierung in die Tschechoslowakei entschieden hatte. Cécile Cordon schildert diese und weitere Details der tschechischen/slowakischen Geschichte von Wien und auch die Geschichte von Irmas KPÖ-Mitgliedschaft in ihrem Buch: „Ich weiß, was ich wert bin“ Irma Trksak – ein Leben im Widerstand. Mandelbaum Verlag Wien 2007 (Restexemplare verfügbar).
 
8. März 2011. Irma nimmt am monatlichen Treffen der Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen teil und ist in ein Gespräch mit der Aktivistin Ildikó Cazan vertieft. Sie hat offenbar aufgehört, sich die Haare in ihrem ursprünglichen Blond färben zu lassen und sieht in Weiß ganz fabelhaft aus.
 
9. September 2013. Irma geht es gesundheitlich nicht besonders gut. Dennoch lässt sie es sich nicht nehmen, an der Einweihung des Rosa-Jochmann-Hofes in Wien teilzunehmen. Rosa Jochmann war für sie und viele andere ehemalige Ravensbrück-Häftlinge eine ganz besonders wichtige Kameradin. Das Foto wurde vom Presseinformationsdienst der Stadt Wien veröffentlicht. Ein Bericht von Hannelore Stoff findet sich im Mitteilungsblatt 2013.
 
Dezember 2013: Jahresabschlussfeier der Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen, wie immer mit kleinem Programm, feinem Buffet und vielen Gästen. Das Foto zeigt Irma Trksak und Ida Huttary (re.), die sich am Ende der Party mit einer innigen Umarmung verabschieden. Beiden Frauen ging es zu dieser Zeit gesundheitlich zunehmend schlechter, doch das Foto macht sichtbar, wie sehr sie aneinander hingen und wie wichtig für sie als KZ-Überlebende diese immer seltener werdenden Begegnungen waren.
 
März 2016. Irma Trksak kann ihre Wohnung in Wien kaum mehr verlassen, freut sich aber über Besuche. Hier hat sich Heike Rode eingefunden, eine Aktivistin der Initiative Uckermark, die mehrmals im Jahr aus Deutschland zu Irma reist. Das Foto hat Irmas Sohn Ludwig aufgenommen, und es zeigt, dass Irma nette Gesellschaft bei Kuchen, Obst und Kaffee nach wie vor genießt.
 
Am 2. Oktober 2017 wäre Irma 100 Jahre alt geworden, und zu gerne hätte ich sie zu diesem Anlass wieder einmal selbst fotografiert. Doch nun ist sie am 11. Juli 2017 verstorben.
 
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Irma Trksak erzählt

Die Ausschnitte stammen aus dem Videoportrait: Irma Trksak – Portrait einer Widerständigen (EDITON VISIBLE) von Bernadette Dewald (2009) >> weitere Informationen

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Späte Ehrung von Irma Trksak durch die Republik Österreich

Am Nachmittag des 10. Februar 2016 wurden im Kongresssaal des Bundeskanzleramts drei Menschen mit Ehrenzeichen der Republik Österreich bedacht: Gerhard Kastelic, Bundesobmann der „ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich“, erhielt das Goldene, die Widerstandskämpferinnen Maria Cäsar und Irma Trksak das Silberne Verdienstzeichen der Republik. (*)
Anstelle von Irma Trksak, Ravensbrück-Überlebende, Mitbegründerin und langjährige Sekretärin der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen, war ihr Sohn Ludwig zur Ehrung erschienen.
Als Kultur- und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer ihm Verdienstzeichen und Urkunde übergab, sagte Ludwig Trksak, er könne sich leider nicht wirklich im Namen seiner Mutter bedanken, denn Irma Trksak sei gesundheitlich nicht mehr imstande gewesen, zu realisieren, dass die Republik sie auszeichne. „Es tut mir sehr weh“, sagte Ludwig Trksak, „dass diese Ehrung so spät erfolgt.“

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Ludwig Trksak (re.) mit dem Silbernen Verdienstzeichen der Republik Österreich, das an Irma Trksak verliehen wurde (li. Kulturminister Ostermayer) © Hans Hofer / BKA

(*) Wie wir in Gesprächen nach der Verleihung erfuhren, hängt es von zahlreichen Faktoren ab, welches Ehrenzeichen (silbern oder golden) eine Person erhält. Es spielen offenbar vor allem die Positionen eine Rolle, die die Person in einer zivilgesellschaftlichen Organisation oder einem Verein inne hat oder hatte – und weniger die tatsächlichen Leistungen bspw. im Widerstand gegen Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Auch die Tatsache, dass Frauen in vielen Organisationen schlechter repräsentiert sind als Männer und insgesamt viel weniger in die hohen Positionen gelangen, wird bei der Entscheidung, welches Ehrenzeichen verliehen wird, nicht mitbedacht. Das betrifft selbstverständlich nicht die Gründe für die Auszeichnungen – Irma Trksak und Maria Cäsar wurden dezidiert für ihren antifaschistischen Kampf geehrt.

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Irma Trksak (rechts) mit Ida Huttary im Dezember 2013 bei einer Feier der Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnnen Foto: © Sylvia Köchl

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„Wir wollen nicht nur gedenken, sondern auch mahnen!“
Irma Trksak war über Jahre hinweg als Delegierte der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück im Internationalen Ravensbrück-Komitee (IRK) tätig. Das IRK beschäftigt sich laufend mit Fragen der Gestaltung und Politik der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, also stets hochbrisante Themen für  Irma Trksak, gehörte sie doch zu jenen Überlebenden, die schon zu den frühesten Befreiungsfeiern (ab 1955) nach Ravensbrück reisten.
Bei der IRK-Jahrestagung 2007 in Barcelona, bei der Irma Trksak zu einer der Vize-Präsidentinnen gewählt wurde, prägte sie einen Satz, der seither vielfach aufgegriffen wurde. Es ging dabei um die schleichende Umbenennung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück in „Gedenkstätte / Memorial“ Ravensbrück. Irma Trksak sagte damals, 2007, im Namen der Überlebenden: „Wir wollen nicht nur gedenken, sondern auch mahnen!“
Die Deutsche Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis druckte diesen Satz 2012 auf ein Transparent und votiert damit seither für die Beibehaltung des Mahnens, das im Zuge des neu errichteten BesucherInnenzentrums „verschwunden“ ist (Text der deutschen Lagergemeinschaft im Mitteilungsblatt 2013, S. 6).
Auch viele weitere Personen, die sich in Ravensbrück gedenkpolitisch engagieren, nahmen Irma Trksaks Impuls zum Ausgangspunkt ihrer Aktivitäten. So wird seit der Befreiungsfeier im April 2013 der neue Schriftzug am BesucherInnenzentrum jedes Jahr temporär durch das „Mahnen“ ergänzt.

Aktivistinnen mit dem Transparent „Wir wollen nicht nur gedenken, sondern auch mahnen“ erweitern die Inschrift am BesucherInnenzentrum (2015); Videostills © Bernadette Dewald

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Gedenkfeier für Irma Traksak
Auch 2018 nahmen wieder einige Mitglieder der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen (ÖLGR/F) an den Feierlichkeiten zur Befreiung des KZ Ravensbrück teil, die am 21. und 22. April stattfanden. Am ersten Tag wurde auf dem Gelände des ehemaligen Mädchenkonzentrationslagers und späteren Vernichtungslagers Uckermark ein kleines Gedenken an die im letzten Jahr verstorbene Irma Trksak abgehalten, in sehr berührender Form gestaltet von Heike Rode von der Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark  und Antonia Würnitzer von der ÖLGR/F.
Irma war ja diejenige der österreichischen Überlebenden, die ein besonders großes Interesse für die Nachforschungen und Ausgrabungen von feministischen Aktivist_innen zum KZ Uckermark hatte und immer wieder als Zeitzeugin an Symposien dazu teilnahm, um ihre Erfahrungen und Erlebnisse in diesem Lager mit den Frauen zu teilen. Sie war während ihrer Haftzeit als Stubenälteste 1944 in das KZ Uckermark, das zu diesem Zeitpunkt bereits Vernichtungslager war, strafversetzt worden und konnte gegen Ende des Krieges nur mit viel Glück ins Hauptlager Ravensbrück zurückkehren.
Das Gedenken fand in Anwesenheit ihres Sohnes Ludwig statt, der nach vielen Jahrzehnten heuer zum ersten Mal wieder in Ravensbrück war. In Erinnerung an Irma, die für ihre Freude an Süßigkeiten bekannt war, wurden unter den Teilnehmenden kleine Naschereien verteilt. Heike und Antonia boten mit Ludwigs Unterstützung einen kurzen Abriss über Irmas Leben. Im Anschluss daran konnten diejenigen, die Irma gekannt hatten, persönliche Erinnerungen an diese außergewöhnliche Frau mit den anderen Anwesenden teilen.
(Die Aufnahmen stammen aus einer Handy-Kamera, daher die leider etwas verminderte Bild- und Tonqualität).

Heike Rode spricht über Irmas Jugend und Widerstandstätigkeit:

Antonia Würnitzer erzählt über Irmas Leben nach der Befreiung:

Mehr zu Irma Trksak



Irma Trksak
Geboren am 2. Oktober 1917
Irma Trksak war das zweite von vier Kindern des Ehepaares Anna und Stephan Trksak, die vor dem Ersten Weltkrieg aus der Slowakei nach Wien gezogen waren, um hier Arbeit zu finden. Der Vater arbeitete sich nach dem Krieg vom Hilfsarbeiter zum Maschinisten in der Eisfabrik hoch Die Kinder wurden alle in tschechische Schulen geschickt. Nach ihrer Matura am tschechischen Komensky-Realgymnasium – als Mädchen einer Arbeiterfamilie eine Seltenheit – besuchte Irma ein Jahr die pädagogische Akademie in Prag. Sie erhielt dann eine Anstellung als Lehrerin an der tschechischen Volksschule in Wien. Daneben unterrichtete sie in einer slowakischen Sprachschule. Als diese Schulen 1940 geschlossen wurden, begann Irma ein Slawistik-Studium.
Während ihrer Studienzeit engagierte sie sich im Widerstand, zum einen in der Zensurstelle für Briefe in slawischen Sprachen, zum anderen in ihrer Gruppe im „Tschechoslowakischen Turnverein“. Treibende Kraft war Irmas Empörung darüber, als Angehörige einer slawischen Minderheit (und ohne „deutsches Blut“ in den Adern) plötzlich zu Menschen zweiter Klasse degradiert zu werden. Irma und ihr Freund vervielfältigten Flugblätter und verteilten sie, halfen bei Sabotage-Aktionen der sogenannten „Terrorgruppe“ des Turnvereins mit. Immer mehr Mitglieder der Gruppe, zu der auch einer von Irmas Brüdern gehörte, wurden im Laufe der Zeit verhaftet und ohne Prozess in Konzentrationslager geschickt. 20 Mitglieder wurden hingerichtet.
Am 29. September 1941 wurde Irma verhaftet. Einen Tag später auch ihr Freund Ludwik Štěpánek, bei dem das im Garten vergrabene Abziehgerät gefunden wurde. Während der zwölfmonatigen Haft wurde sie immer wieder verhört und zum Verrat ihrer MitkämpferInnen aufgefordert. Sie konnte trotz zermürbender monatelanger Einzelhaft und zahlreichen Demütigungen widerstehen. Daher kam Irma mit 13 weiteren Frauen aus der tschechischen Widerstandsgruppe auf Transport nach Ravensbrück.
Am 2. Oktober 1942, an ihrem 25. Geburtstag, wurde Irma als Konzentrationslager-Häftling Nr. 14177 registriert. Sie kam mit ihren tschechischen Mitstreiterinnen in jener Baracke unter, in der Rosa Jochmann bereits Blockälteste war. Später meldete sich Irma für die Arbeit in der Siemens-Produktionsstätte, wo sie als Schreiberin die Arbeitsleistung der Häftlinge verzeichnen musste. Auch hier leistete sie Widerstand. Sie fälschte die Statistiken der Arbeitsleistungen der Zwangsarbeiterinnen. So schützte sie diejenigen, die das Arbeitssoll nicht erbringen konnten. Als 1944 ein eigenes „Siemenslager“ mit Häftlingsbaracken direkt neben den Betriebsstätten errichtet wurde – um den „Arbeitsweg“ zu minimieren – wurde Irma Stubenälteste in der „Internationalen Stube“. Sie wie auch die Stubenälteste auf der „Tschechischen Stube“, Marie Karbusová, wurden verraten, weil sie politische Aktivitäten und politische Diskussionen duldeten. Als Strafe wurden sie ins Lager Uckermark versetzt. Dort wurden ab Jänner 1945 alte und kranke Frauen unter noch weitaus schlechteren Bedingungen als im Stammlager Ravensbrück untergebracht. Irmas Verdacht, dass abermals selektierte Frauen vergast wurden und in der Uckermark selbst Gift verabreicht würde, bestätigte sich nach dem Krieg. Mit Hilfe von Elisabeth Thury, Chefin der Häftlings-Lagerpolizei in Ravensbrück, gelang es ihr, wieder ins Hauptlager rücküberstellt und dort Stubenälteste im Block 3 zu werden. Im Chaos der Lagerauflösung Ende April konnten Irma und ihre Freundinnen vom letzten sogenannten Evakuierungsmarsch am 29. April 1945 fliehen.
Nach einem langen Heimweg fand sie in Wien die Eltern wieder. Von den Geschwistern hatte jedoch nur die ältere Schwester als Au-pair-Mädchen in England überlebt. Die Brüder Jan und Stefan waren an der Front oder im Konzentrationslager gestorben. Ihr Freund Ludwik Štěpánek war in einem Nebenlager von Mauthausen umgekommen. Enttäuscht war sie von Bekannten, NachbarInnen und anderen, die nichts von den Konzentrationslagern wissen wollten. Auch mit der kommunistischen Partei, für deren Ideen sie in Ravensbrück begeistert wurde, kam es nach vielen Jahren zum Bruch. 1951 brachte Irma einen Sohn zur Welt, beruflich war sie anfangs lange Jahre in der tschechischen Gesandtschaft tätig. Später betreute sie die tschechische Zeitung für die KPÖ. Nachdem sie aus der Partei ausgetreten war, wechselte sie in die Privatwirtschaft und arbeitete bis zu ihrer Pensionierung bei Siemens in Wien als Sachbearbeiterin. Irma war viele Jahrzehnte engagierte Zeitzeugin in Schulen. Sie hielt Vorträge und stellte sich für Dokumentationen und Reportagen zur Verfügung. Schon 1947 war sie Zeugin in den Hamburger Ravensbrück-Prozessen. Von Beginn an war sie im KZ-Verband tätig. Und sie gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück (1947), deren Sekretärin sie zwischen 1984 und 2005 war.

(Quelle: http://www.ravensbrueckerinnen.at)
 
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Weitere Hinweise (Interviews, Reden, Literatur etc.)

Ob sich heute jemand vorstellen kann, was Freiheit bedeutet? – ein Interview der Künstlerin Eva Egermann mit Irma Trksak (2005)

Irma Trksak: „Damit das Erinnern gefestigt wird“ – Rede von Irma Trksak anlässlich der Befreiungsfeier 2006 in Ravensbrück

„Erinnern an Ravensbrück. Überlebende des Frauen-Konzentrationslagers berichten“
Ein Film von Loretta Walz
34 min. / D 1995 / © 1996 Loretta Walz Videoproduktion

Irmas Zeit
AT, Dokumentarfilm, 33 min, Regie: Alenka Maly und Roland Freinschlag, 2007
„Irmas Zeit“ begleitet die österreichische Widerstandskämpferin und Ravensbrück-Überlebende Irma Trksak auf einer Zeitzeuginnenreise durch Oberösterreich, dokumentiert die ständige, ruhelose Wiedererinnerung eigentlich fast unsagbarer Schrecken im Dienste der Aufklärung. Zwischen ländlichen Klassen- und Hotelzimmern eröffnet Irma Trksak Türen zur Einsicht in die NS-Vergangenheit.

Hemma Mayrhofer
„Bis zum letzten Atemzug werde ich versuchen, dagegen anzukämpfen“ Irma Trksak – ein Lebensweg des Widerstehens
In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): Jahrbuch 2005. Schwerpunkt: Frauen in Widerstand und Verfolgung
Der Text von Hemma Mayrhofer, langjährige Aktivistin der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen, basiert u.a. auf einem lebensgeschichtlichen Interview, das die Autorin 1997 mit Irma Trksak führte, und wurde vom DÖW bei seinem Nachruf bereitgestellt.

Nachrufe:
Magazin „Der Kämpfer“, Ausgabe 3/2017, des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer/innen
„Mitteilungen“ des DÖW, Oktober-Ausgabe
 
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