Friedl Sinclair (1920-2000)

19. Juni 1920 – 23. Mai 2000

Friedl Sinclair mit dem damaligen Wissenschaftsminister Caspar Einem bei der Eröffnung der Ausstellung „Wege nach Ravensbrück“ im November 1999. Foto: ÖLGR/F

Friedl Sinclair mit dem damaligen Wissenschaftsminister Caspar Einem bei der Eröffnung der Ausstellung „Wege nach Ravensbrück“ im November 1999. Foto: ÖLGR/F

Sinclair (li.) und ihre Kameradinnen Hilde Zimmermann und Karla Glaubauf bei einem Treffen der Lagergemeinschaft Ravensbrück im April 1999. Foto: Sylvia Köchl

Sinclair (li.) und ihre Kameradinnen Hilde Zimmermann und Karla Glaubauf bei einem Treffen der Lagergemeinschaft Ravensbrück im April 1999. Foto: Sylvia Köchl


Friederike „Friedl“ Sinclair, geborene Sedlaček, wuchs in einer sechsköpfigen Wiener Arbeiterfamilie auf. Beide Eltern waren kommunistisch eingestellt und aktiv. Auch Friedl und ihre Brüder vertraten früh ihre eigene politische Meinung. Nach den Februarkämpfen 1934, die für Friedl prägende Ereignisse waren, suchte sie Kontakt mit politisch ähnlich denkenden jungen Menschen. Sie trat dem kommunistischen Jugendverband bei und wurde Mitglied einer neu gegründeten illegalen Jugendgruppe, den Junguraniern. Deren politische Arbeit bestand vor allem in Überzeugungsarbeit durch Gespräche mit anderen Jugendlichen.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten forderte die verbotene kommunistische Partei die Jugendlichen auf, sich in NS-Organisationen einzuschleusen. Friedl ging daher zum Bund Deutscher Mädel (BDM), ihr jüngster Bruder zur SA (Sturmabteilung; Kampforganisation der NSDAP). Sie war als Lehrling in einem Kaufhaus tätig, als sie im Juli 1939 verhaftet wurde. Allerdings beruhte ihre Verhaftung auf einem Irrtum. Ein Nachbarjunge beschuldigte sie der Mitgliedschaft in einer Widerstandsgruppe, mit der sie gar nichts zu tun hatte. Trotzdem wurde sie zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Zwei Jahre war Friedl im Zuchthaus Aichach in Einzelhaft.

Am 11. April 1942 wurde sie nach Ravensbrück deportiert. Aber bereits im Juli kam sie auf einen Transport zurück nach Österreich, denn in Krems wurde Angehörigen derjenigen Gruppe, in der sie tatsächlich aktiv gewesen war, der Prozess gemacht. Nach zwei Jahren in Haft in Österreich kam sie im Juli 1944 abermals auf einen Transport nach Ravensbrück. Am „Evakuierungsmarsch“ im April 1945 gelang es Friedl trotz schwerer Gelbsucht, mit zwei ebenfalls schwer kranken Frauen zu fliehen. Nach dem Ende der Kämpfe wurden sie von sowjetischen Soldaten ins Lager zurückgeschickt, um die dort zurückgebliebenen Kranken zu betreuen.

Friedl Sinclair setzte nach ihrer Rückkehr nach Wien zunächst ihr Engagement für die KPÖ fort. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 trat sie aber aus der Partei aus. Ihr Ehemann, der vor dem Krieg ebenfalls Mitglied ihrer Jugendgruppe gewesen war, aber rechtzeitig fliehen konnte, kam als britischer Soldat nach Österreich zurück. Mit ihm hatte Friedl zwei Söhne. In den 1970er Jahren führte sie eine Trafik. Nach dem Tod von Rosa Jochmann 1994 wurde Friedl Sinclair zur Vorsitzenden der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück gewählt. Unter ihrem Vorsitz und mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Freundin Hilde Zimmermann öffnete sich die Lagergemeinschaft für die Mitarbeit der nächsten Generation. Friedl Sinclair ging als Zeitzeugin in Schulen und unterstützte Wissenschafterinnen und Ausstellungsmacherinnen bei Projekten zum Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Friedl Sinclair ist am 23. Mai 2000, kurz vor ihrem 80. Geburtstag, in Wien gestorben.


>> Mehr zur Geschichte von Friedl Sinclair
auf der Website www.ravensbrückerinnen.at

Ein lebensgeschichtliches Interview mit Friedl Sinclair, geführt von Brigitte Halbmayr (Kamera: Gundula Daxecker), ist Bestandteil des VideoArchivs Ravensbrück.